„Wer die Regeln befolgt, hat das Notwendige getan“ | Regel-Recht aktuell „Wer die Regeln befolgt, hat das Notwendige getan“ – Regel-Recht aktuell
Nachgefragt

„Wer die Regeln befolgt, hat das Notwendige getan“

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat ein umfassendes Regelwerk zum Arbeitsschutz erarbeitet. Es unterstützt Betriebe und Beschäftigte darin, Arbeitsplätze gesund und sicher zu gestalten. Marcus Hussing, stellvertretender Leiter Abteilung Sicherheit und Gesundheit bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), erklärt im Interview die Unterschiede und Rechtskraft von Regeln, Grundsätzen und Informationen sowie Anlässe für eine Anpassung des Regelwerks.

Die Publikationsdatenbank der DGUV weist viele verschiedenen DGUV Regeln, Grundsätze und Informationen auf. Worin unterschieden sich die?

Regeln konkretisieren die Pflichten, die sich für Unternehmen aus dem staatlichen Arbeitsschutzrecht und den Unfallverhütungsvorschriften der Unfallversicherungsträger ergeben. Gesetzliche Normen und Vorschriften formulieren meist abstrakte Schutzziele – die Regeln zeigen dann auf, wie man diese Ziele erreichen kann. Sie geben also praktische Hilfe dabei, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden und enthalten den anerkannten Stand der Technik.

Ein neues Instrument bilden dabei die Branchenregeln. Ihre Aufgabe besteht darin, ein Gesamtkompendium der Anforderungen aus für den Arbeitsschutz wichtigen Regelungen für die Betriebe einer bestimmten Sparte von Unternehmen in der gewerblichen Wirtschaft oder Betriebsart im öffentlichen Dienst zur Verfügung zu stellen. Hiermit wird eine zentrale Forderung der Unternehmen, aber auch der Personalvertretungen erfüllt. Sie hatten sich schon lange eine solche branchenorientierte Aufarbeitung der Vielfalt aus staatlichen Regeln, DGUV Vorschriften (Unfallverhütungsvorschriften), aber auch zum Beispiel von DIN-Normen oder VDE-Richtlinien gewünscht.

Informationen flankieren die Regeln mit praxisnahen Tipps und Hinweisen, welche Einzel-Maßnahmen geeignet sind, um Regeln umzusetzen. Sie speisen sich aus dem Erfahrungswissen der Unfallversicherungsträger.

Grundsätze sind Maßstäbe für bestimmte Verfahrensfragen, zum Beispiel hinsichtlich der Durchführung von Prüfungen oder bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Marcus Hussing, stellvertretender Leiter Abteilung Sicherheit und Gesundheit bei der DGUV Foto: Privat

Welche Anlässe führen dazu, dass eine Regel, ein Grundsatz oder eine Information veröffentlicht oder geändert wird? Können Sie ein Beispiel nennen?

Das können technische Entwicklungen sein, neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft, aber auch gesetzliche Änderungen. Ein Beispiel wäre aktuell die Branchenregel „Abfallsammlung“. Hier haben unsere Fachleute einen Passus aufgenommen, dass zukünftig beim Rückwärtsfahren Fahrerassistenzsysteme den Einweiser ersetzen können, wenn diese Systeme sicher die Gefährdung von Beschäftigten und Verkehrsteilnehmern ausschließen können. Die technische Entwicklung ist zwar nach Ansicht von Fachleuten noch nicht so weit, aber sie ist auf einem guten Weg. Die Branchenregel wurde hier also mit Blick auf den rasanten technischen Fortschritt bereits so angelegt, dass sie den Einsatz von technischen Systemen ermöglicht, wenn diese verfügbar sind.

Wer erarbeitet oder aktualisiert das Regelwerk?

Hierfür sind die Fachbereiche und Sachgebiete der DGUV zuständig. In ihnen arbeiten Fachleute der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen zusammen. Insbesondere die Fachbereiche beziehen zudem auch Vertreterinnen und Vertreter der Sozialpartner, der Bundes- und Landesministerien, sowie der Hersteller und Betreiber in ihre Arbeit ein. Ziel ist, zu einem bestimmten Thema eine für die gesetzliche UnfallverMsicherung verbindliche, einheitliche und gesicherte Fachmeinung zu bilden und hierbei die fachlichen Interessen aller Unfallversicherungsträger zu vertreten.

Welche Rechtskraft haben DGUV Regeln, Grundsätze und Informationen?

Rechtsverbindlich sind im Arbeitsschutz die staatlichen Gesetze, Verordnungen und die Unfallverhütungsvorschriften als Satzungsrecht der Unfallversicherungsträger. Das heißt jedoch nicht, dass zum Beispiel die DGUV Regeln keine Bedeutung hätten. Die DGUV Regeln beschreiben den Stand der Technik bei der Umsetzung rechtsverbindlicher Vorgaben. Wer Maßnahmen entsprechend der Regeln ergreift, kann davon ausgehen, dass er das Notwendige getan hat, um den Anforderungen der Unfallverhütungsvorschriften zu genügen. Informationen sind wie gesagt eher im Bereich Handlungshilfe anzusiedeln, können aber ebenfalls zu Rate gezogen werden, wenn Unternehmen nach Lösungen für Probleme im Arbeitsschutz suchen. Grundsätze sind Empfehlungen für die Vorgehensweise bei Prüfungen und arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen.

Vielen Dank für das Interview!