Pflicht zum Tragen von Schutzkleidung: Vergütungspflicht der Umkleidezeiten trotz entgegenstehender tarifvertraglicher Regelung
Unwirksamkeit des § 3 Nr. 6 des MantelÂtarifÂvertrages für Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern (2008) aufgrund Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 des ArbeitsÂschutzÂgesetzes
Ist ein Arbeitnehmer verpflichtet eine persönliche Schutzkleidung zu tragen, so sind die damit verbundenen Umkleide- und Wegezeiten als Arbeitszeiten vergütungspflichtig. Der diesem entgegenstehende § 3 Nr. 6 des MantelÂtarifÂvertrages für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Stand: 2008, (MTV) ist wegen des Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 des ArbeitsÂschutzÂgesetzes (ArbSchG) unwirksam. Dies geht aus einer Entscheidung des LandesÂarbeitsÂgerichts Hamburg hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Arbeitnehmer eines Metall- und Elektronikunternehmens war zum Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung verpflichtet. Die Schutzkleidung umfasste Hosen, Arbeitsjacken, Socken, Schuhe, Arbeitshandschuhe, Schutzbrille, Helm und Gehörschutz. Die mit den An- und Ablegen der Schutzkleidung verbundenen Zeiten erkannte das Unternehmen nicht als Arbeitszeit an und vergütete sie somit nicht. Zur Begründung verwies es auf § 3 Nr. 6 MTV, wonach Zeiten für Umkleiden keine Arbeitszeit waren. Der Arbeitnehmer hielt dies jedoch für unzulässig und erhob daher Klage. Seiner Meinung nach, habe seine Arbeitgeberin die Umkleidezeiten und damit verbundene Wegezeiten vergüten müssen.
Arbeitsgericht wies Klage ab
Das Arbeitsgericht Hamburg wies die Klage ab. Zwar seien die Umkleide- und Wegezeiten Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes. Jedoch stellen sie angesichts der tarifvertraglichen Regelung keine vergütungspflichtige Arbeitszeit dar. Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitnehmer Berufung ein.
Landesarbeitsgericht bejaht Vergütungspflicht der Umkleide- und Wegezeiten
Das Landesarbeitsgericht Hamburg entschied zu Gunsten des Arbeitnehmers und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Die Umkleide- und Wegezeiten seien als Arbeitszeit vergütungspflichtig gewesen. Die diesem entgegenstehende tarifvertragliche Regelung sei unwirksam gewesen.
Verstoß gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG
§ 3 Abs. 3 MTV sei wegen des Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam gewesen, so das Landesarbeitsgericht. Nach dieser Vorschrift dürfe ein Arbeitgeber die Kosten für Maßnahmen des Arbeitsschutzes nicht den Beschäftigten auferlegen. Die Kostentragungspflicht erstrecke sich dabei nicht nur auf Kosten für den Erwerb oder der Reinigung der Schutzkleidung. Vielmehr müsse er auch die Kosten tragen, die mit dem An- und Ablegen der Kleidung verbunden seien, wie etwa die Umkleide- und Wegezeiten. Dabei handle es ich um Maßnahmen des Arbeitsschutzes.
Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 06.07.2015
– 8 Sa 53/14 –