Arbeitnehmer muss beweisen, dass ein Arbeitsunfall und kein (erneuter) Suizidversuch vorliegt
Wer in der Vergangenheit einen Suizidversuch unternommen hat, kann bei einem Arbeitsunfall die Beweislast tragen, dass kein erneuter Selbsttötungsversuch vorliegt.
Der Kläger wurde morgens auf dem zur Arbeit von einem Lkw auf gerader Strecke angefahren und schwer verletzt, als er versuchte eine innerörtliche Durchgangsstraße zu überqueren. Die Polizei holte ein verkehrstechnisches Gutachten ein. Dieses ergab, dass der Lkw-Fahrer die Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts eingehalten hatte und der Unfall unvermeidbar gewesen war. Der Lkw-Fahrer sagte aus, dass der Kläger die Fahrbahn bereits überquert hatte und dann plötzlich wieder zurück auf die Straße getreten sei, womit er nicht gerechnet habe. Der Kläger behauptete, er habe wichtige Arbeitspapiere sowie seine Arbeitsschuhe vergessen. Aus diesem Grund sei er noch einmal umgekehrt und habe dabei aus Unachtsamkeit den Lkw übersehen. Der Kläger hatte in der Vergangenheit gegenüber seiner Ehefrau mehrfach Suizidabsichten geäußert und einige Monate zuvor auch einen Selbsttötungsversuch unternommen. Die beklagte Berufsgenossenschaft wollte den Unfall deshalb nicht als Wegunfall anerkennen. Ihre Begründung: Es lägen Hinweise für einen erneuten Suizidversuch vor, weil der Lkw auf gerader Strecke nicht habe übersehen werden können.
Die 4. Kammer des Sozialgerichts entschied nun, dass in Anbetracht der Gesamtumstände die Beweislast bzw. Feststellungslast dafür, dass ein Arbeitsunfall und kein (erneuter) Suizidversuch vorliege, beim Kläger liege (Urteil vom 30.08.2016 – S 4 U 2601/15). Die Berufsgenossenschaft habe deshalb zu Recht darauf abgestellt, dass aufgrund der Erkrankungen des Klägers und dem nachgewiesenen früheren Suizidversuch die Voraussetzungen eines versicherten Arbeitsweges nicht erwiesen seien.
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